Ernährungsberatung nach der traditionellen chinesischen Medizin (TCM)
Ein Interview mit Anna Reschreiter
Anna Reschreiter ist Ernährungsexpertin nach den 5 Elementen der Traditionellen Chinesischen Medizin. Im Interview gibt sie uns praxisnahe Tipps, wie wir die Ernährung nach der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) ganz einfach in unseren Alltag einbauen können.
Beatrice: Momentan ist es ja sehr heiß draußen. Was ist denn dein Lieblingsessen an heißen Sommertagen?
Was unterscheidet die Traditionelle Chinesische Medizin von der Westlichen?
Beatrice:
Du bist ja Ernährungsberaterin der Traditionellen Chinesischen Medizin. Wenn du uns das in wenigen Sätzen erklären solltest... Was ist denn der wesentliche Unterschied zwischen der westlichen und der traditionellen chinesischen Ernährung und Medizin?
Anna: Da gibt es aus meiner Sicht 5 Hauptpunkte, die die Ernährung nach der TCM von der westlichen unterscheidet.
Punkt 1: Wir gehen bei der TCM eher von der Thermik der Nahrungsmittel aus. Wir wissen welche Nahrungsmittel erhitzend sind und welche erfrischend. Die westliche Ernährung orientiert sich wiederum sehr an der klassischen Ernährungspyramide.
Punkt 2: Wir essen einfach gerne gekochte Speisen und schauen dabei gar nicht so großartig auf die Vitamine. In der westlichen Ernährung wird ja eher davon abgeraten, die Lebensmittel “weichzukochen”, damit die Vitamine nicht verloren gehen. Aus Sicht der TCM spielt das jedoch keine Rolle, da die gekochten Speisen einfach viel bekömmlicher für den Verdauungstrakt sind. Denn was bringt es, wenn wir unheimlich viele Vitamine in der Speise haben, die Verdauung aber so müde ist, dass sie sie gar nicht aufnehmen kann.
Punkt 3: Sich wirklich satt essen, statt Kalorien zu zählen. Einfach mal drauf zu achten: Wann bin ich eigentlich wirklich satt? Und nicht immer über das Sättigungsgefühl hinaus zu essen.
Punkt 4: Brot reduzieren! Ich bin selbst mit diesen klassischen Brotmahlzeiten aufgewachsen. Mit Brot, Wurst, Käse, Tomate und Gurke… In der TCM fällt das Reduzieren von Brot durch die vielen gekochten Mahlzeiten eh relativ leicht.
Wie kann die Traditionelle Chinesische Medizin uns in stressigen Situationen unterstützen?
Beatrice: Wir leben ja in einer Welt mit ziemlich viel Stress. Ich stehe mit meinen Programmen immer sehr für die “Me-Time” und das “auf sich schauen”. Sich im Zuge der Burnout-Prävention einfach Zeit für sich und die eigenen Bedürfnisse zu nehmen. Was würde da die TCM empfehlen? Wie kann man sich speziell in stressigen Situationen mit der Ernährung nach der Traditionellen Chinesischen Medizin schützen?
Anna: Gerade in stressigen Phasen nehmen wir uns oft nicht die nötige Zeit, um uns gut zu versorgen. Da landen dann die Fruchtjoghurts als Frühstück am Arbeitstisch, der gekaufte Fertigsalat zum Mittag und Abends dann das Käsebrot zwischendurch. Und das ist genau die Ernährungsweise, die die Traditionelle Chinesische Medizin überhaupt nicht empfiehlt, weil eben nichts gekochtes dabei ist.
Wenn man hier zumindest ein bisschen was Gekochtes oder Vorgekochtes integrieren würde, wäre das schon großartig. Wenn man sich Abends z.B. die 5 Minuten Zeit nimmt, um sich das Porridge für den nächsten Tag am Herd aufzustellen, hat man in der Früh eine wunderbare gut verdauliche Grundlage. Das kann man sich auch in einem Thermo-Behältnis mitnehmen oder es kalt genießen.
Das ist auch schon die halbe Miete, weil das Frühstück einfach so wahnsinnig wichtig für unsere Energie für den ganzen Tag ist. Wenn wir zu unserer eh schon vorhandenen Müdigkeit auch noch etwas ungekochtes und somit schwer verdauliches essen, verstärkt diese sich meist noch über den Tag.
Warum wir uns das Frühstücken wieder angewöhnen sollten
Beatrice: Ich habe viele Klientinnen die sagen, dass sie gar nicht frühstücken. Sie mögen einfach nicht frühstücken bzw. haben es sich im Laufe der Jahre abtrainiert. Wie können diese Menschen Stress durch die richtige Ernährung vermeiden?
Anna: Du sagst es schon genau richtig. Sie haben sich das Frühstücken im Laufe ihres Lebens abgewöhnt. Und alles was man sich abgewöhnt hat, kann man sich auch wieder angewöhnen. Wenn man zumindest mit 2 Esslöffeln Porridge startet oder sich aus einem einzigen Ei ein kleines Omelett mit ein wenig Gemüse macht, um das Frühstück wieder in seinen Tag zu integrieren...
Das ist wirklich eines der wichtigsten Maßnahmen und Tipps, die ich allen die müde oder gestresst sind ans Herz legen möchte. Denn wenn wir eh schon gestresst sind, verbraucht unser Körper viel mehr Energie als bei jemandem, der einen sehr entspannten Alltag hat.
Und die Personen die nicht frühstücken sind auch oft die, die am Nachmittag oder am Abend dann sehr viel (oft Schweres) essen. Die Hauptmahlzeit wird gerne auf den Abend verlegt und liegt uns dann auch noch halb verdaut im Magen wenn wir morgens aufwachen. Dass wir dann morgens keinen Hunger haben, ist auch klar. Wenn wir also Abends lieber etwas leicht bekömmliches und nicht so spät essen, haben wir auch morgens wieder hunger und freuen uns auf etwas zu essen.
Müssen wir jetzt auf das gemeinsame Abendessen mit der Familie verzichten?
Beatrice:
Ein zweiter wesentlicher Punkt der mir oft berichtet wird ist, dass der Abend der einzige Zeitpunkt ist, wo die ganze Familie zum Essen zusammenkommen kann. Wo alle Zeit haben und das Abendessen dann die Hauptmahlzeit darstellt.
Nicht alles auf einmal umsetzen
Beatrice: Ähnlich wie beim Sport ( hier empfehle ich ja immer, dass wir in kleinen Häppchen unser Leben umstellen) ist es auch hier wahrscheinlich empfehlenswert, mit der Umsetzung einer Sache zu beginnen und nicht alles auf einmal zu machen?!
Anna: Auf jeden Fall. Ich empfehle immer, mit einer Sache zu beginnen. Also entweder mit dem warmen Frühstück oder dem bekömmlichen Abendessen. Hier kannst du wunderbar 2 Fliegen mit einer Klappe schlagen: Wenn du dir z.B. morgens dein warmes Porridge machst und es in ein einfaches Schraubglas füllst und mitnimmst. Du kannst dir aber auch einfach noch ein zweites Glas mitnehmen, so dass du einen super bekömmlichen, angenehmen Snack dabei hast, wenn du am Nachmittag noch einmal Hunger bekommst.
Wenn du dich entscheidest mit dem Abendessen zu beginnen, dann empfehle ich wirklich einmal mit Suppen zu beginnen. Alles in einen großen Suppentopf reinschmeißen, weichkochen, pürieren und dann in Schraubgläsern haltbar machen.
Dafür kann man ganz normale Marmeladen- und Gurkengläser verwenden. Einfach heiß auswaschen, mit der heißen Suppe befüllen und direkt zuschrauben. Nach ein paar Minuten entsteht beim Auskühlen ein Vakuum und die Suppe hält sich dann für einige Wochen im Kühlschrank. Diese Portionen lassen sich dann auch nachträglich noch super durch die Zugabe weiterer Lebensmittel variieren oder auch als Soße für Fisch, Nudeln oder Kartoffeln verwenden.
Und ich empfehle sogar, auch als Frühstück mal eine Suppe zu probieren. Für Menschen, die morgens einfach nichts Süßes wie Porridge essen mögen.
Also für diejenigen die das Ganze erstmal nur am Abend umsetzen wollen, empfehle ich auf jeden Fall größere Portionen zu kochen. Diese dann entweder direkt haltbar zu machen bzw. man hat auch sofort etwas für den nächsten Tag zum Mittagessen. Wenn man eher etwas Deftiges möchte, dann einfach ein gekochtes Getreide dazu nehmen. Reis oder Quinoa dazu kochen oder beim nächsten Chinesen anhalten und sich eine frische Portion Reis bestellen und zur Suppe dazu geben.
Das Porridge Rezept
Beatrice: Das sind gut umsetzbare Tipps, die auch zu meinen Ratschlägen passen, dass man die Umsetzung neuer Gewohnheiten Schritt für Schritt angehen sollte. Wenn man alles auf einmal versucht, ist man oft schon nach wenigen Tagen frustriert wenn es nicht direkt klappt.
Von dir habe ich auch vor längerer Zeit (wir kennen uns ja schon ein paar Jahre) den Tipp mit Porridge übernommen. Ich habe früher meine Tage fast immer mit Brot gestartet, obwohl ich es noch nie besonders gut vertragen habe. Brot zum Frühstück war ich einfach " gewohnt"- relativ schnell wurde ich aber am Vormittag wieder müde.
Seit ich mein Frühstück auf Porridge mit Hafermilch umgestellt habe, kann ich berichten, dass ich viel weniger Müdigkeitsanfälle habe. Kannst du uns zum Porridge noch ein Rezept empfehlen, mit dem man den Tag starten könnte?
Anna: Das ist wirklich ganz ganz easy. Ich poste zwar gerne wunderschöne, bunte Porridge-Bilder auf meinem Instagram-Kanal, so sieht unser Porridge jedoch nicht täglich aus.
Ich mache das Porridge immer am Abend vorher, so dass ich es morgens nur kurz ein wenig aufwärmen muss. Und auch nur so kurz, dass es essbereit ist. Kein langes kochen, kein Abkühlen wenn wir morgens hungrig sind. Das geht dann super schnell.
Ich nehme einfach ein Häferl Haferflocken (es können auch Reis-, Hirse- oder Quinoaflocken verwendet oder kombiniert werden) in einen Topf rein, dann gebe ich 3 Häferl Wasser hinein, eine Hand voll Rosinen dazu, eine Messerspitze Kardamom kommt bei uns immer mit rein, ein bisschen Zimt im Winter und fertig ist die Mischung. Dann einmal richtig aufkochen lassen, gut umrühren und sobald es kocht den Deckel drauf und den Herd auf die kleinste Flamme drehen.
Nach ca. 15-30 min. (die du z.B. super für ein paar Yogaübungen nutzen kannst) ist dein Porridge fertig. Wenn ich es sehr spät koche, lasse ich es bis zum Morgen einfach draußen stehen. Wenn der Topf am Abend schon wieder ausgekühlt ist, stelle ich es über Nacht in den Kühlschrank. Am nächsten Morgen kommt es dann zum Aufwärmen nochmal kurz auf den Herd (wenn es sehr fest geworden ist kommt etwas Wasser aus dem Wasserkocher dazu) und ist direkt fertig. Dann kann man z.B. auch noch super ein paar Früchte darübergeben.
Porridge gegen Müdigkeit
Beatrice: Ja, wir geben auch immer gerne Früchte der Saison drüber. Und ich kann es wirklich jedem empfehlen. Die paar Minuten am Morgen lohnen sich. Es dauert auch nicht länger als die Scheibe Brot und es sättigt wirklich über viele Stunden.
Das empfehle ich vor allem auch denjenigen die untertags Sport machen, weil es einfach viel mehr Energie gibt. Anna war so lieb, uns dazu noch ein Rezept zur Verfügung zu stellen.
Anna: Ich möchte euch sogar 2 Porridge-Varianten zur Verfügung stellen. Einmal ein ganz einfaches Haferflocken-Porridge und dann noch ein Amaranth-Porridge, welches ich neu für mich entdeckt habe. Das ist so lecker und ich kann es wirklich nur empfehlen.
Für die, die das Haferflocken-Porridge nicht so gut sättigt, beim Kochprozess einfach ein Ei unterheben. Das schmeckt man nicht, aber das Eiweiß sättigt ungemein.
Beatrice: Ich danke dir für deine Zeit und deine vielen Tipps, die sich gut in den Alltag einbauen lassen. Ich mag ja Tipps, die einfach umsetzbar sind.
Anna: Mein Herzenswunsch ist es, die TCM Ernährung alltagstauglich und einfach integrierbar rüberzubringen. Wenn ich das hier geschafft habe, freue mich mich sehr.
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Das sind sehr hilfreiche Infos! Den Artikel werde ich auf jeden Fall an meine Freundin weiterleiten. Sie wird das sicherlich auch sehr interessant finden, da sie sich auch in der Freizeit sehr für das Thema Chinesische Medizin interessiert.