Glück muss man können- Glück muss man zulassen
Dieser Artikel entstand anlässlich der Blogparade von Silvia Chytil- silviachytil.at.Ich habe das große Glück Silvia persönlich zu kennen und schätze sie sehr. Das Thema ihrer Blogparade hat mich sofort angesprochen und der folgende Artikel ist aus mir herausgesprudelt. In diesem sehr persönlichen Beitrag verrate ich Dir mein Herantasten an Glücksmomente, welchen ich mich sehr langsam angenähert habe. Und weil ja der Valentinstag naht…ist es fast eine kleine Liebeserklärung.
Früher war alles besser
Ich hatte vor vielen Jahren eine Arbeitskollegin, damals Ende 40. Ihr Name: Ella.
Ganz objektiv betrachtet, hatte sich alles was man sich als Frau wünschen kann, beziehungsweise uns Frauen von den Medien gerne suggeriert wird, dass genau so eine glückliche Frau auszusehen hat.
Attraktiv, schlank und gepflegt, strotzend vor Gesundheit, Energie und Vitalität, finanziell abgesichert und seit Jahrzehnten mit einem Mann verheiratet, der sie auf Händen trug.
So erschien sie damals für mich und für ihre Umwelt, wir alle wollten genau so sein wie sie – ich selbst war zu diesem Zeitpunkt Anfang 30.
Irgendwie nie wirklich zufrieden mit mir und meinem Leben. Immer auf der Suche nach etwas noch Größerem. Ein humorvoller Mensch zwar, aber nicht so richtig im Reinen mit mir selbst.
Bei jedem Treffen mit jener Kollegin zeigte sie uns ihren Kalender – ein dickes Buch im A4 Format, vollgefüllt mit Notizzetteln und Fotos.
Fotos von ihr in unterschiedlichen Lebensabschnitten, mit längeren und kürzeren Haaren, bei der Hochzeit, nach der Geburt ihres Kindes, auf einer Party.
Seufzend und wehmütig blickte sie sich dann die Bilder an.
Objektiv betrachtet war auf jedem Bild eine attraktive, schlanke, blonde Frau zu sehen, die ihre blendend weißen Zähne in die Kamera bleckte.
Ich konnte mir eines Tages nicht mehr verkneifen, folgende Frage an sie zu richten:
„ Ella, warst Du denn früher glücklicher als heute, denn ich verstehe nicht, warum Du immer diese Bilder mit Dir herumträgst?“
Nachdenklich sah sie mich an, um mir dann folgende Antwort zu geben: Nein, Beatrice, ich war damals nicht zufrieden mit mir, und ich bin es heute nicht.
„Retrospektiv betrachtet hatte ich mit Anfang 30 die schönste und glücklichste Zeit meines Lebens; damals habe ich dies aber nicht so gesehen und war unzufrieden.“
Und heute? Heute habe ich das Gefühl, nie mehr richtig glücklich werden zu können, denn die Blüte meines Lebens ist vorbei.
Im Hier und Jetzt leben
Nach diesen Ausführungen von Ella habe ich lange nachgedacht und mir eines fest vorgenommen: SO möchte ich nicht werden. Ich möchte nicht immer zurückblicken, sondern im HIER und JETZT leben.
Solche Vorhaben sind allerdings wesentlich leichter gedacht, als tatsächlich gelebt.
Vielleicht kommt Dir das jetzt bekannt vor.
Meine Ausbildung zur Mentaltrainerin hat mich gelehrt, durch verschiedene Techniken auf Wesentliches zu fokussieren.
Dies klappt an mir selbst an manchen Tagen sehr gut, an anderen weniger gut.
Immer wieder ertappe ich mich dabei, mir zu denken: Nein, jetzt ist es noch nicht perfekt, ich muss noch etwas in meinem Leben ändern. An einem Rädchen könnte ich noch drehen. Denn DANN werde ich richtig glücklich sein.
In meiner täglichen Arbeit mit meinen Kundinnen oder Patientinnen begegnet mir dieses Phänomen auch sehr häufig.
Frauen, die, genau wie Ella, immer nach hinten blicken, oder in die Zukunft schauen. In der Gegenwart aber sehr unzufrieden sind. Kennst Du das vielleicht auch?
Wir alle verbringen den Großteil unserer Gedankenwelt in der Vergangenheit und in der Zukunft – aber im JETZT sind wir meist unzufrieden, und sehen so die großartigen Dinge des täglichen Lebens nicht.
Mit mehr Fokus zum kleinen Glück
Für einen recht lebhaften und aktiven Menschen wie ich es bin, ist es oft wirklich schwer, sich auf das eine Ding zu fokussieren. Gerne und oft fallen mir drei Dinge ein, die ich gleichzeitig machen könnte. Personen, die an Sternzeichen glauben, würden jetzt weise nicken; ich bin im Sternzeichen der Zwillinge geboren. Und diesem sagt man sehr viel Energie, sehr viel Ideenreichtum, aber auch eine gewisse Sprunghaftigkeit nach.
In meinem Beruf kommen mir all diese Qualitäten sehr oft zu Gute – aber eben nicht IMMER.
Bei meinen zahlreihen sportlichen Aktivitäten, die ich in meiner Freizeit ausübe, ertappe ich mich immer wieder dabei, schon wieder gedanklich bei der nächsten Übung und beim nächsten gelaufenen Kilometer zu sein.
Geholfen, um gegenwärtiger zu leben, hat mir dabei eine Form der Bewegung, welche ich niemals primär als MEINE „Sportart“ angesehen hätte.
Von Natur aus bin ich nicht sehr dehnfähig und jahrelanges Betreiben von Ausdauersportarten wie Biken und Laufen haben dies nicht gerade zum Besseren bekehrt.
Ganz im Gegenteil.
Wie viele Läufer/innen neige ich zu einer stark verkürzen Muskulatur der sogenannten Hamstrings (Muskulatur des hinteren Oberschenkels), und während andere Menschen locker ihr gestrecktes Bein gerade nach oben schnellen lassen, bleibt meines irgendwo geknickt auf halben Weg in der Luft hängen.
Die Philosophie des Yoga hat mich immer schon fasziniert – nur: mir erschien der Bewegungsablauf einfach körperlich zu wenig fordernd. Ein großer Irrtum, wie ich nun weiß.
Dennoch oder gerade darum habe ich begonnen, regelmäßig Yoga zu praktizieren.
Selbstverständlich musste es eine sportliche Yogavariante wie Ashtanga Yoga sein – wenn schon, dann aber richtig.
YOGA machte mich zufrieden
Yoga hat mich gelehrt, demütiger zu werden.
Während sich vermeintlich weitaus unsportlichere Damen und Herren gelenkig in die Asanas bewegen, fühlte ich mich am Anfang wie ein Stück Eisen.
UNVERBIEGBAR.
Alles tat mir weh.
Ich habe mehrere Anläufe genommen, bin immer wieder mal in eine Stunde gegangen, aber ganz ehrlich, es hat mir nicht sehr viel gebracht. Wie immer zählt nun einmal die Regelmäßigkeit.
Für einen Wettkampfmenschen wie ich es nun mal bin, war es ausgesprochen mühsam zu erkennen, dass es im Yoga kein gut oder schlecht gibt. Geschwindigkeit zählt gar nicht.
Es gibt allerdings bessere und schlechtere Tage. Für Jeden.
Meine Beinkraft und meine Ausdauer hat mir nicht sehr viel genutzt. Einzig im Asana „DAS BOOT“ konnte ich vor mir selbst glänzen, denn hier sind starke Bauchmuskeln gefragt. Wenigstens DIE habe ich – Pilatestraining sei Dank.
Im Yoga musst Du im Hier und Jetzt sein – falls nicht: Deine Position wird wackelig und es fehlt Dir an Standhaftigkeit. Yoga erdet mich. Während einer Yogaeinheit bin ich ganz bei mir. Ich blinzle nur mehr ganz wenig zu den wesentlich gelenkigeren Nachbarn. Ehrlich!
Vor wenigen Tagen hat eine Freundin mich gefragt, ob ich Ashtange Yoga mit seinen Abfolgen nicht schrecklich fad (das österreichische Wort für langweilig) finden würde. Du machst doch so gerne etwas Neues? Du willst immer Bewegung – warum Ashtanga Yoga?
Weil es manchmal gut tut, zu wissen, dass man sich auf Dinge und Abfolgen einfach verlassen kann. Für meinen Geist sind es genau diese Abfolgen, die er zum Abschalten braucht. Einfach einmal an NICHTS zu denken, nur zu ATMEN. TUT gut, sogar sehr gut.
Die Welt anderes herum sehen
Die „Königsübung“ des Yoga, den Kopfstand, wollte ich allerdings partout nicht machen.
Kontrolle abzugeben und am Kopf stehen. Sicher nicht. Viel zu gefährlich. Ich könnte mir das Genick brechen.
Eventuell die Schulter auskegeln. Die Hand brechen. Was auch immer.
Die weisen Worte meiner Yogalehrer „Du wirst sehen, der Kopfstand gibt dir das Gefühl der Kontrolle, aber warte nur, eines Tages wird es soweit sein“ habe ich insgeheim belächelt.
Im Herbst habe ich am Strand von Mallorca meinen ersten Kopfstand versucht, einfach so. Zum Spaß.
Angelehnt an einen Strandturm. Und etwas schief. Aber: ich stand tatsächlich am Kopf, beziehungsweise stützte mich korrekt auf den Oberarmen ab.
Es war wunderbar. Diese Umkehrhaltung ändert viel am eigenen Weltbild.
Mich hat sie gelehrt, Dingen ihre Zeit zu geben. Mir selbst zu vertrauen. Das Leben im Hier und Jetzt mehr zu schätzen. DEN MOMENT zu geniessen (am Beitragsbild sitze im am Strand auf den Seychellen, und ich kann heute noch von diesem Moment zehren).
Yoga und ich – wir haben uns angefreundet, fast schon etwas ineinander verliebt.
Nach 90 Minuten Ashtanga Yoga fühle ich ein absolutes Glücksgefühl in mir – für das Hier und Jetzt. Eine tiefe Dankbarkeit für mein Leben, meine Gesundheit, meinen kraftvollen Körper und die Menschen um mich, die mich lieben und die ich liebe.
Dieses bewusste Atmen, in sich hineinhören, hat eine ganz eigene Qualität für mich.
Meine Fortschritte sind noch immer sehr zögerlich, aber dies ist nicht mehr so wichtig für mich.
Das Ausrollen der Yogamatte läutet für mich innerlich Ruhe ein.
Ich liebe die ruhige Zufriedenheit nach meiner wöchentlichen Yogastunde.
Natürlich ist es noch immer der Ausdauersport, an dem mein Herz hängt; eine schnelle Laufrunde pustet mir wirklich das Gehirn frei, ein Intervalltraining zaubert mir ein breites Grinsen ins Gesicht. Nur beim Laufen spüre ich diese süchtig machende Hormonausschüttung, die dich jeden Schmerz vergessen lässt.
Laufen macht mich glücklich, erschöpft und gibt mir das Gefühl am Leben zu sein. Ein Wettkampf lässt mein Herz im wahrsten Sinne des Wortes höher schlagen. Sport ist für mich das laute Glück.
Das langsame und zögerliche Herantasten an Yoga, das hat mir aber einmal mehr gezeigt, dass es sich lohnt dranzubleiben. Eine Qualität, die mir vom Ausdauersport bekannt ist. ABER:
Es ist ein stilleres Glück.
Glück muss man können. Glück muss man zulassen.
Ich wünsche Dir wundervolle Glücksmomente
Hallo Beatrice,
dein Blogartikel ist einfach nur genial – ich kann immer nur wieder nicken. Ja es gibt das laute und das leise, das stille Glück. Und beides ist so wertvoll – beides dürfen wir in unser Leben fließen lassen.
Wunderschön, vielen Dank.
Herzensgrüße
Silvia
vielen Dank für Dein liebes Feedback Silvia!